Kunsthistorischer Kontext
Der folgende Textauszug verdeutlicht Aspekte der Bildgestaltung, die
sich im Gemälde 'Der Eselreiter' verifizieren lassen:
"Durch die Impulse, die ihm die Gemälde von Daumier, Courbet,
Corot, Manet und vor allem von Cézanne vermitteln, vermag
er sich von der in München vorherrschenden Helldunkelmalerei
zu lösen und ein helleres Kolorit sowie differenziertere Modellierung
zu entwickeln. Um 1910 mischt er erstmals ein intensives Blau und Rot
in die dunkeltonigen Kompositionen, eine Farbkombination, die für
sein späteres Werk entscheidend werden wird. Seine malerische Technik
verfeinert sich zusehends: Durch die Auflösung der Schatten in abgestufte
Farbwerte gewinnen seine Bilder an Leuchtkraft."1
Barths Werke zeichnen sich "durch einen gemessenen Ton, Rot-Blau-Akzente
und klare Kompositionen"2 aus.
Diese Umschreibung gilt in hohem Masse für das Bild 'Der Eselreiter'
und verdeutlicht gleichzeitig den um 1906 erfolgten Bruch "mit der
von Böcklins Mythologie sowie Hodlers Symbolik geprägten
Basler Maltradition"3.
Das Seherlebnis und der Bezug zu Cézanne
Es fehlt auch nicht an textlichen Belegen, welche die spezifische
Atmosphäre im vorliegenden Gemälde präzise beschreiben:
"Sowohl in den Bildnissen wie auch in den Landschaften belebt Barth
die Hell-Kontraste mit starken Farbakzenten und erzeugt damit eine geheimnisvolle,
romantische Atmosphäre."4
"Er suchte nicht Pathos, sondern das Schlichte, von ihm neugesehene
Wahre; er hat sich auch ohne Unsicherheit der Schönheit und Harmonie
seiner Bildvorwürfe hingegeben. Vor allem wehrte er sich gegen Schablonen.
(...) Barth hat nun wirklich klassizistische Formeln im Äusserlichen,
in Tracht und Szenarium beiseitelassen können - nicht aber
den Geist der Klassik, der seiner Art entsprach."5
Geradezu paradigmatisch für das Bild 'Der Eselreiter'
lesen sich die folgenden Textstellen: Ohne "ihm wesensfremde,
aktuelle Zeitströmungen" einfach zu adaptieren, schuf er "neben
'klassischen Figuren' kühne Küstenkompositionen"
und erprobte er "das Einbinden eines räumlichen und plastischen
Motivs in die Fläche".6
"Seine Malerei ist erst viel später hell und lichtdurchtränkt
geworden - aber die Steigerung durch Dunkles fehlt kaum je, Gemessenheit
und Ausgewogenheit beherrscht auch die Komposition. Nur steht bei
Barth hinter dieser Zurückhaltung immer die unmittelbare Auseinandersetzung
mit dem direkten Augenerlebnis. Dies ist sein eigentliches Thema, auch
bei betont vereinfachten Kompositionen, die mit der spontanen Wiedergabe
optischer Augenblickseindrücke gar nichts zu tun haben."7
Es scheint deshalb wahrscheinlich, dass Barth sich in der Auseinandersetzung
mit dem Motiv und entsprechend mit der 'malerischen Umsetzung des
Geschauten'8 sehr stark an Paul
Cézanne orientiert, ja dass dieser ihm mit dem Begriff der'Réalisation'
möglicherweise zum Ausgangs- und Bezugspunkt geworden ist. Cézannes
'Réalisation' meint eine Kunstpraxis, die am bleibenden
Wesen der Gegenstände interessiert ist und diese zum Sprechen bringen
will, ohne dass er als Künstler deutend dazwischentreten möchte.
Von dieser künstlerischen Haltung scheint mir in der Wesensqualität
von Esel und Reiter etwas enthalten zu sein, bzw. als Echo zu erklingen.
Darin ist Barth auch der Moderne in deren unterschiedlichsten Auffassungen
und Prägungen verpflichtet. Die Beschreibungen und Interpretationen
zweier Werke von Barth aus der Sammlung Häuptli deuten in eine ähnliche
Richtung.9 Darin wird Barth als 'überragender
und virtuoser Kolorist'10 bezeichnet.
"Das Sujet ist vor allen Dingen Anlass zur Malerei, und weniger
abzubildendes Motiv."11
1 Irene
Rehmann, Biografisches Lexikon der Schweizer Kunst, hg. vom Schweiz.
Institut für Kunstwissenschaft Zürich & Lausanne, 2 Bde.,
Zürich 1998, S. 77.
2 Ebd., S. 78.
3 Ebd., S. 78.
4 Ebd., S. 77.
5 Dorothea Christ, Der
Künstler Paul Basilius Barth, in: Gedächtnisausstellung zum
100. Geburtstag des Riehener Künstlers Paul Basilius Barth, Ausstell.-Kat.
Berowergut Riehen 1981, Riehen 1981, o.S.
6 Ebd., o.S.
7 Ebd., o.S.
8 Ebd., o.S.
9 Die Sammlung Häuptli
im Aargauer Kunsthaus Aarau, Texte: Beat Wismer, Fritz Stäuble, Aarau
1992, S. 154 - 156.
10 Ebd., S. 154.
11 Ebd., S. 156.
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